Hanauer Post, 31.3.2001

Eine gute Idee: Junge Tischler fertigen Särge für Kinder - Schule hilft dem Projekt Kindergrabmal Hanau (ed) Eine in Deutschland wohl einmalige Kooperation sind das ökumenische Projekt Kindergrabmal und die Schreinerklasse der Ludwig-Geißler-Schule eingegangen. Die Schüler haben im Rahmen des Unterrichts Särge entworfen und gebaut, die zur Beisetzung totgeborener Kinder, für die keine Bestattungspflicht besteht, benutzt werden können. Die Kooperation schließt für die evangelischen und katholischen Klinikseelsorger Beate Kemmler, Karl Friedrich Schüttler und Werner GutheiI eine Lücke in der Betreuung von Eltern, die ein Kind im frühen Stadium der Schwangerschaft verloren haben. Die Särge können von den Eltern individuell bemalt oder ausgestattet werden, auch Grabbeigaben sind möglich. Dies trage dazu bei, dass Eltern den Trauerprozess besser bewältigen könnten. Entwerfen und Tischlern von Särgen ist für angehende Schreiner keine übliche Beschäftigung. Die handwerkliche Arbeit hat der Pfarrer und Religionslehrer Wolfgang Bauer im Unterricht mit den 15 bis 18 Jahre alten Schülern intensiv vorbereitet. Sie führten Gespräche mit Klinikseelsorgern, schauten sich das neu entstandene Kindergrabmal auf dem Hanauer Hauptfriedhof an. Dort werden seit Herbst des vergangenen Jahres Fehl- und Totgeburten beigesetzt, die weniger als 500 Gramm wogen. Bislang wurden diese Kinder anonym entsorgt. Für die Jugendlichen selbst sei es ein sehr persönlich berührendes Gefühl gewesen, Behältnisse zu schreinern, in denen einmal ein kleiner Mensch liegen werde, der nie richtig gelebt habe, sagten sie gestern bei der Vorstellung ihrer Arbeiten. Erfahrungen in der eigenen Familie brachten die angehenden Schreiner in das Projekt ein, sie diskutierten ethische Fragen über den Beginn menschlichen Lebens, über Sterben und Tod, sagte Schulpfarrer Bauer. Mit ihren Entwürfen haben die Schüler versucht, sich von der Form üblicher Särge zu trennen. Zwei Typen sind übrig geblieben, ein Würfel und ein sechseckiger Behälter. Beides gibt es in unterschiedlichen Größen und mit verschiedenen Ausstattungsdetails. So verwenden die Berufsschüler die Form des Sterns, die die Gestaltung des Kindergrabmals bestimmt, als Motiv beim Deckel der Särge. In Kürze abgeschlossen werden sollen nach Angaben von Klinikpfarrer Gutheil Verhandlungen mit der Stadt über die rechtliche Verankerung der Bestattungen auf dem Kindergrabmalfeld. Neben den bisher üblichen gemeinschaftlichen Bestattungen aller pro Quartal tot- oder fehlgeborenen Kinder, soll es künftig auch individuelle Bestattungen geben, kündigte Gutheil an. Die nächste Beisetzung erfolgt am Mittwoch, 4. April. Treffpunkt ist direkt am Kindergrabmalfeld. Eltern sind anschließend in das Gemeindehaus der Kirchengemeinde St. Josef, Alfred-Delp-Straße, eingeladen. Erstmals den Eltern mitgegeben werden nach der Beisetzung Windlichter, die der Lehrer Walter Fischer von der Ludwig-Geißler-Schule bemalt hat. Hanauer Post

Achteck als Symbol für die Ewigkeit Ungewöhnliches Projekt: LGS-Schüler bauen Särge für Projekt Kindergrabmal Hanau (ni).

Ein Achteck ist das Symbol für die Unendlichkeit, für die Ewigkeit. Und ein Stern symbolisiert für viele den Sternenhimmel und damit den Ort, an dem Menschen nach ihrem Tod aufgehoben sind. An diese Symbolik dachten die Jugendlichen im Ausbildungsbereich Holztechnik der Ludwig-Geissler-Schule (LGS) in Hanau, die sich derzeit mit einem sehr ungewöhnlichen Projekt auseinander setzen. In ihrer Lehrwerkstatt konstruieren und bauen sie kleine Kindersärge, die für Fehl- und Totgeburten verwendet werden. Das Projekt entstand in Verbindung mit dem ökumenischen Projekt Kindergrabmal Hanau, das es seit Herbst vergangenen Jahres gibt. Dieses Projekt ermöglicht es Eltern von totgeborenen Kindern, die Grabstätte ihres Kindes zu besuchen. Für die betroffenen Menschen ist somit ein konkreter Ort der Trauer geschaffen worden. In Deutschland sind bisher Fehl- und Totgeburten bis 500 Gramm nicht bestattungspflichtig. Im Regelfall werden sie anonym entsorgt. Doch seit einigen Jahren wachsen das Bewusstsein und die Sensibilität dafür, dass es für Eltern wichtig ist, Gewissheit zu haben, dass ihr Kind beerdigt wurde und nicht einfach irgendwo entsorgt worden ist, so Klinikpfarrer Werner Gutheil. Deshalb stellte die Stadt Hanau für das Projekt eine Grabfläche auf dem Hanauer Hauptfriedhof zur Verfügung, wo betroffene Eltern ihre Kinder bestatten können. Im Herbst vergangenen Jahres erhielt nun die LGS eine Anfrage von den Hanauer Städtischen Kliniken, ob die Holzabteilung bereit wäre, dieses Projekt in Form des Baus kleiner Särge zu unterstützen. Zunächst wurde das Thema intern in der Schule besprochen und auch den Jugendlichen vorgestellt. Daraufhin fiel die Entscheidung, dem Projekt zuzustimmen. Für die Schüler keine leichte Aufgabe, schließlich mussten sie sich durch ihre Arbeit an den Kindersärgen auch selbst mit der schwierigen und traurigen Thematik des frühen Todes auseinandersetzen. Doch die Jugendlichen sind mit sehr viel Ernsthaftigkeit und Sensibilität bei der Sache, von dem Gedanken geprägt, dass sie mit ihrer Arbeit einen Beitrag zur Trauerbewältigung der betroffenen Eltern leisten können. Neben der praktischen Arbeit in der Werkstatt wird die Thematik Tod im Fachbereich Religion/Ethik auch durch Projektstunden unter dem Thema Der Tod hat viele Gesichter aufgegriffen. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen, Gefühle und Gedanken, die durch die Arbeit an den kleinen Särgen hervorgerufen werden. Nicole, eine 19-jährige Schülerin der Klasse, äußerte in diesem Zusammenhang: Es ist ein komisches Gefühl wenn man sich überlegt, dass wir hier Särge bauen, in denen bald kleine Menschen liegen werden, die noch nie richtig gelebt haben. Solche Gedanken werden dann im Unterricht aufgegriffen und diskutiert. Die bereits fertig gestellten Arbeiten wurden kürzlich auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Die verschiedenen Särge, deren Deckel als Blume, Stern oder mit anderen Symbolen gestaltet sind, haben die Jugendlichen unter Einbringung eigener Ideen angefertigt. Sie können von betroffenen Eltern auch noch selbst ganz individuell gestaltet und bemalt werden. Damit dieses Projekt in der LGS wie geplant wiederholt werden kann, werden Spender gesucht, die diese Aktion unterstützen. Spenden können unter dem Stichwort Kindergrabmal-Särge auf das Spendenkonto bei der Commerzbank Hanau, Kontonummer: 23 11777/70, Bankleitzahl: 506 400 15, überwiesen werden. Hanauer Anzeiger, 31.3.2001

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