Vorsorge Patiententestament

 

Die Angst, ein – behindertes – Kind – zu früh -  zur Welt zu bringen, tritt bei fast jeder Frau während der Schwangerschaft auf.

Ist einmal das 1/3 der Schwangerschaft vorbei, ist die Wahrscheinlichkeit gering, tatsächlich zu früh und/ oder ein behindertes Kind zu gebären. Etwa jede 3. Schwangerschaft endet von sich aus während der ersten 12 Wochen - manchesmal ohne das die betroffene Frau sich bewußt war, das Sie schwanger war und soeben ein Kind verloren hat. Von den über die 12. Schwangerschaftswoche drüber hinaus ausgetragenen Kindern kommen ein bis drei Prozent aller Neugeborenen kommen in Mitteleuropa zu früh und/ oder behindert zur Welt. In diese Aussage sind die abgetriebenen Kinder - gleich welcher Indikation nicht mit hineingezählt.

 

Die Erkenntnis, dass gerade Ihr Kind geschädigt ist, und das vielleicht nie „normal“ sein wird, ist für Mutter, Vater und andere Familienangehörigen ein Schock.

 

Alle Zukunftspläne, alle Träume und Vorstellungen über das Leben mit dem Baby sind mit einem Schlag zunichte gemacht.

Die ersten Reaktionen auf ein zu früh und/ oder behindertes Kind sind sehr davon abhängig, um welche Art von Missbildung es sich handelt:

 

Kinder, welche „sichtbar anders“ sind, werden oft von ihren Eltern schwerer angenommen.

Wichtig ist, dass die Ärzte ehrlich über das Ausmaß der Behinderung Auskunft geben  und nichts verheimlichen - das geht nur, sofern die Mediziner diese und jener Behinderung erkennen konnten - wie gut sie Ultraschallbilder schon lesen können, wie genau Ultraschallbilder gemacht worden und vom Gerät widergegeben worden

sind. Und wie gut Eltern so schreckliche Botschaften zulassen und an sich heranzulassen im Stande sind.

 

Ich spreche aus eigener Erfahrung: Christopher Marvin wurde mit einem Herzfehler - 7 Wochen vorm Termin - geboren. Da ich die Veranlagung zu schweren Kindern habe, zeigte Chris ein "normales" Geburtsgewicht auf und ich bekam ihn ganz normal nach Hause. Doch sein Verhalten war auffallend: kleine, wenige Schlückchen - und

er war derart erschöpft, als hätte er einen Marathonlauf hinter sich. Sein Körper vermochte die Temperatur nicht zu halten: auffallend häufig war sein Körper von einem netzartigen Muster überzogen. Auch unser Hausarzt vertrat die Ansicht: hier ist in der Klinik etwas übersehen worden. Auf Anraten meines Hausarztes stellte ich dieses Kind noch einmal bei jenem Kinderarzt vor, der mein Kind in den ersten Tagen nach der Geburt betreut hatte - zusammen mit meiner Vermutung, das dieses mein  Kind vermutlich Herzkrank sei. Dieser Arzt sagte aus 5 Meter entfernung "Ich übersehe keinen Herzfehler!" - Wenige Tage später starb dieser mein Sohn - nicht am Herzfehler und den möglichen Folgen daraus. Aber bei der Obduktion kam heraus, das dieser mein Sohn tatsächlich mit einem schweren, inoperatablen Herzfehler geboren worden war: die Herzspitzen waren eng verwachsen, die

Herzbeutel konnten somit zu keiner Zeit "normal" arbeiten - mein Sohn litt am NANOON-Syndrom. Was ich sagen will: vertrauen Sie auf ihre Wahrnehmung, und bleiben Sie am Ball - aber lassen Sie sich nicht verrückt machen, auch nicht von sich selbst.

 

Es hat keinen Sinn, schreckliche Nachrichten hinauszuzögern, zB bis es der Mutter „besser geht“.

Die Schwierigkeiten des Krankenhauspersonals, den Eltern eines behinderten Kindes einfühlsam die Wahrheit zu sagen, wird von den Betroffenen oft als Mangel an Mitgefühl empfunden.

 

In vielen Fällen werden Frauen mit Beruhigungsmittel „getröstet“, um das Problem - welche das Klinikpersonal mit diesem Thema hat - Wegzuschieben. Diese weit verbreitete Methode hat zur Folge, dass das Reaktionsvermögen abstumpft und der notwendige Prozeß des Sichabfindens verlangsamt wird. Eine durch

Beruhigungsmittel gedämpfte Frau bringt nur für das Krankenhauspersonal Vorteile, das sich nun nicht mit dem Schmerz der Eltern und der eigenen Hilflosigkeit auseinandersetzen muß. Der Mutter nimmt es eine wichtige Möglichkeit, sich mit ihrem Kind in der sensiblen Phase nach der Geburt zu befreunden und die

Behinderungen anzunehmen.

 

Die ebenfalls oft übliche Praxis, den Vater einzuweihen, der es dann seiner Partnerin „schonend“ beibringen soll, ist sehr belastend für die Beziehung. Ebenso schlecht ist es, die Mutter allein zu informieren, während der Vater zB zu Hause ahnungslos den Nachwuchs feiert.

 

Das Krankenhauspersonal sollte eine Möglichkeit finden, die Eltern (Familienangehörigen) gemeinsam zu informieren. Wenn es keinen Partner oder sonstige Familienangehörige gibt, ist es wichtig, eine andere Vertrauensperson zu finden, die der Mutter anschließend hilft, mit ihrem Schmerz fertig zu werden.

 

Hilfreich ist auch, wenn zu diesem frühen Zeitpunkt bereits Infomaterial durch Selbsthilfegruppen aufliegt, denn diese erklären die "Behinderung und Folgen nicht in der Medizinersprache, sondern Laienverständlicher - eben typisch von Selbstbetroffenen für Selbstbetroffene. Dazu kommt gleichzeitig die Information rüber von "Du bist mit genau diesem Schicksalsschlag nicht allein" und "schau her, wir haben unser Leben mit unserem behinderten  Kind geschafft - es geht". Und: "Das, was wir konnten - kannst auch Du schaffen - wir helfen Dir

dabei!"

 

Dieser wertvolle Informationsaustauscht geht nur unter der Voraussetzung: mein Kind hat genau die gleiche Diagnose erhalten wie dein Kind. Es hilft niemandem, wenn sie Eltern eines leukämie erkrankten Kindes sind, Sie allerdings die Selbsthilfegruppeninformation betreffs blutarme Kinder und Angehörige erhalten.

 

Das Kind den Eltern zunächst vorzuenthalten, wie es in vielen Krankenhäusern üblich ist, hat oft gravierende Folgen. Zum einen sind die Phantasien der Eltern über das Aussehen des Kindes meistens viel schlimmer als die Wirklichkeit. Aus mehreren Untersuchungen geht hervor, dass Eltern beim ersten Anblick ihres Neugeborenen

erleichtert waren, weil die Missbildung weniger schlimm erschienen, als sie befürchtet hatten.

 

Zum zweiten ist gerade für ein krankes, behindertes oder zu früh geborenes Kind die starke Bindungsphase (Bonding) unmittelbar nach der Geburt besonders wichtig. Diese besonders bedürftigen Kinder brauchen besonders viel Liebe, Wärme und Zuneigung.

 

Geht ein Baby uns voraus vor, während oder in der Zeit nach der Geburt, so sollten das Baby wie ein lebendes Kind versorgt werden, also gebadet, angezogen oder zumindest in ein warmes Tuch eingehüllt und so der Mutter (dem Vater und den Familienangehörigen) in den Arm gelegt werden.

 

Nur so haben die Hinterbliebenen die Chance, zu begreifen, das Sie berechtigt ein Kind voller Freude erwarteten, doch das das Schicksal mit Ihnen und ihrem Kind etwas anderes vorhatte und das sie ihr Baby (und damit alle Sehnsüchte, Träume, Wünsche, ja ihre gesamte bisherige Lebensplanung) so rasch schon wieder hergeben müssen.

 

Vielleicht macht das Klinikpersonal noch Fotos vom Baby und/oder Hand- und Fußabdrücke, denn oftmals bleiben den Hinterbliebenen nichts anderes mehr von diesem ihrem Kind.

 

All diese Riten sind wichtig für alle, dem Klinikpersonal, den Hinterbliebenen des Kindes und dem vorausgegangenen Baby, denn die Riten geben Wertschätzung und Wahrhaftigkeit wieder und lassen die Trauer und Heilung des Herzschmerzes zu.

 

Ein Nichtwahrhabenwollen, eine Verdrängung, eine (medikamentöse) Betäubung schafft Dornen im Herzen und eiternde Geschwüre in der Seele, welche ewig Schmerzen und den Nährboden für körperliche und seelische Krankheiten legen.

 

Zunehmend häufiger werden - dank dem medizinischen Fortschritt die Diagnosen während der Schwangerschaft gestellt, "das und was mit dem Baby nicht in Ordnung" ist. Bewusst muss sein: die "Abtreibung auf Grund einer medizinischen Indikation" ist auch in Österreich quasi bis zur Geburt per Gesetz möglich.

Dieses Gesetz " Abtreibung auf Grund einer medizinischen Indikation" schafft in der Praxis, also in der Anwendung große Probleme. Gedacht wurde es für die Frauen, welche während der Schwangerschaft erfahren, das ihr Kind diese oder jene Behinderung haben wird. Es ist Tatsache, das Kinder ohne funktionstüchtige Organe

wie Hirn, Herz, Magen-Darm ec gezeugt werden. Solange diese Kinder im Mutterleib sind, strampeln und wachsen diese Kinder im Allgemeinen wie normale, gesunde Kinder (was ist schon "normal"?) heran.

 

Von betroffenen Frauen zu verlangen, das sie unter allen Umständen dieses Kind fertig austragen und "normal" zur Welt bringen müssen - ist herzlos und unmenschlich. Es gibt Mediziner und Betroffene, welcher der Ansicht sind, das der natürliche Weg der richtige sei für die Betroffenen.

Ich denke, das jede Betroffene für sich frei entscheiden können muß - indem sie allumfassend informiert und dann in sich hineinhört und für sich aus der Situation heraus entscheidet, was richtig für sie und ihr Baby ist. Mit den Folgen muß in jedem Fall die betroffene Frau allein klar kommen.

 

Darum kann ich den Gesetzgeber verstehen, das er diese Türe (Abtreibung bis kurz vor der Geburt zu ermöglichen) geöffnet hat.

 

So sinnvoll dieses Gesetz in oben genannten Situationen ist, wird genau dieses Gesetz den Teenagereltern zum Verhängnis - wenn die Eltern des schwangeren Teenagers mit dem zuständigen Arzt übereinkommen, eine Abtreibung auf Grund medizinischer Indikation durchzuführen sei angebracht. Verbohrte "Erwachsene"

sind häufig der Ansicht, das "Teenagereltern" schlechte Eltern sein werden... "das Teenagereltern nicht wissen, was sie mit dem Austragen dieser Schwangerschaft sich aufgeladen" ... usw. Dieses Denken kommt häufiger in

 Familien vor, in denen seit Generationen Matura und Studium wichtig sind.

 

Erfahrungsgemäß wird Jugendlichen aus Arbeiterfamilien eher das Austragen einer Teenagerelternschaft zugetraut als Jugendlichen, deren Eltern sich erwarten "ihr Kind hat gefälligst die Matura zu machen und hernach ein anständiges universitäres Studium" abzulegen.

 

Abtreibungen auf Grund medizinischer Indikation erleben Teenager und erwachsene Frauen aus den "gehobenen Gesellschaftskreisen" erfahrungsgemäß weit öfters - als Betroffene aus den "niederen Gesellschaftsschichten."

 

Viele schwangere Teenager klammern sich daran, das Abtreibungen doch angeblich nur bis inkl. der 12. Schwangerschaftswoche per Gesetz möglich ist - und das Ärzte gemäß dem Eid der Lebenserhaltung sich verpflichtet haben.

 

In der Praxis bemühen sich viele schwangere Teenager, ihre Schwangerschaft vor den Eltern bzw dem persönlichen Umfeld bis zum 4./5. Schwangerschaftsmonat geheim zu halten.

 

Wenn die Betroffenen sich in Sicherheit wähnen - und den dicker werdenden Bauch nicht mehr vor dem persönlichen Umfeld verschleiern können - bemühen sich zukünftige Großeltern, einen Schwangerschaftsabbruch auf Grund medizinischer Indikation zu erreichen, "denn das Leben, die Gesundheit der

Tochter sei bedroht."

 

Gleich und Gleich versteht sich gut, hat gleiche Ansichten, geht in den gleichen Schuhen. Was die Grundlage und den Erfolg aller Selbsthilfegruppen aus macht, gilt auch hier:

 So lange die gehobene Gesellschaftsschicht - unter Aussparung der Schwangeren - etwas zum Thema macht, werden Gesetze gebogen bzw außer Kraft gesetzt und Entscheidungen über dem Kopf der Betroffenen gefällt.

 

Im Klartext: das Gesetz "der Bauch gehört mir", also "allein die Schwangeren entscheiden, ob Sie ihr Ungeborenes austragen wollen oder nicht - unabhängig davon ob die Betroffene volljährig ist oder nicht" - wird auch in Österreich nicht in allen Situationen angewandt und umgesetzt.

 

Um dagegen zu steuern, wäre - aus der Sicht der Betroffenen - eine besonderst vielfältige und zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit, welche zukünftige Betroffene auch wirklich erreicht - ein erster Schritt in die richtige Richtung. Des weiteren muß das Problem zum Thema gemacht werden, das betroffene Schwangere sofort und wirklich jederzeit aus dem bisherigen Umfeld weg und in ein anderes "geordnetes" Umfeld wechseln kann. Die "Mutter - Kind - Heime/-Häuser" Österreichs sind derart überfüllt, das häufig Betroffene erst nach der erfolgten Geburt aufgenommen werden können - und zeitlich befristet bleiben dürfen:

es muß ja Platz gemacht werden für die nächste Betroffene gleich nach deren Niederkunft.

 

Bücher zum Thema "wie gehe ich Beruflich mit Menschen um, deren Kind

gerade verstarb":

 Wie ein Blitz aus heiterem Himmel  

 

Wenn Kinder sterben    Nahe sein in schwerer Zeit

 

Stichwort Peter Fässler - Weibel

www.faessler-weibel.ch    www.faessler-weibel.ch/links.htm

 

Stiftung Begleitung in Leid und Trauer

CH - 8400 Winterthur, Zielstr.5

www.leidundtrauer.ch

 

Unter dem Motto „Worldwide Candle Lighting ” sind Menschen in aller Welt

 eingeladen, eine Kerze am 2. Adventsonntag gegen 19 Uhr anzuzünden und sie

ins Fenster zu stellen, um der Verstorbenen zu Gedenken.

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